Am 15. März 1914 wurde die Lutherkirche in der Waldstraße, nach 1 1/2-jähriger Bauzeit, mit einem Festgottesdienst eingeweiht. Der Bau der Lutherkirche war das Resultat des explosionsartigen Wachstums der Stadt Offenbach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit der Zahl der Bevölkerung wuchs auch die Anzahl der evangelischen Christ*innen im Stadtgebiet. Die neuen Gemeindeglieder mussten betreut werden und in das Gemeindeleben der „vereinten evangelisch-protestantischen Kirchengemeinde Offenbach“ integriert werden. Die Zahl der Pfarrstellen und der Gebäude wurde vermehrt.
Die Lutherkirche Offenbach stellt im Offenbacher Stadtbild eine Besonderheit dar: Das Kirchengebäude steht nicht frei, sondern passt sich als mehrgeschossiges Gemeindezentrum („Gruppenanlage“) in die Häuserfront in der Waldstraße ein.
Aus Kostengründen wurde die Kirche für zwei Gemeinden als gemeinsames Gotteshaus gebaut, sie ist daher exakt symmetrisch gegliedert.Neben dem Gottesdienstraum im 1. Stock befinden sich weitere Gemeinderäume, Büros sowie Wohnungen - u.a. für Pfarrer*innen - unter einem Dach. Der Gottesdienstraum wurde nach dem sog. „Wiesbadener Programm“ konzipiert, das mit Blick auf protestantische Gottesdienste die Einheit von Kanzel, Altar und Orgel in der Mittelachse des Innenraumes vorsah. Das architektonische Konzept und die Planung der Lutherkirche stammen von Prof. Friedrich Pützer (1871-1922).
Bei der Renovierung 1956 wurde u.a. die farbenprächtige Jugendstil Ausmalung von Richard Throll (1880 -1961) mit einem „freundlichen Hellgrau“ übermalt, der verzierte Altarraum und Orgelprospekt verblendet und die Kanzel seitlich versetzt. 1984 konnten weitgehend bis auf wenige Ausnahmen die Jugendstilverzierungen von 1914 wiederhergestellt werden.
Seit dem Einbau eines Aufzuges im Jahr 2011 ist der Gottesdienstraum sowie das Gemeindebüro für die Besucher auch barrierefrei erreichbar.
Die Lutherkirche diente zuerst zwei Gemeindebezirken der „vereinten evangelisch-protestantischen Kirchengemeinde Offenbach“ und ab 1920 dann zwei selbstständigen Kirchengemeinden („Luthergemeinde Südost“ und „Luthergemeinde Süd“) als gemeinsames Gotteshaus. Im Jahre 1956 wurden die beiden Gemeinden zu einer Luthergemeinde vereinigt. Heute, in Zeiten sinkender Gemeindegliederzahlen, gehört die Lutherkirche zur Mirjamgemeinde, die 2014, 100 Jahre nach der Einweihung, aus der Fusion der Luthergemeinde mit drei anderen Gemeinden entstanden ist.
Der Goldschmied Ernst Riegel (1871 – 1939) schuf künstlerisch hochwertige Ausstattungsstücke für Gebäude im Jugendstil. So entwarf er auch zahlreiche Antependien. Hierbei arbeitete er mit der Paramentenwerkstatt am Elisabethenstift Darmstadt zusammen. Für die neu erbaute Lutherkirche (1914) wurde ein reichhaltiges Sortiment von Künstlerentwürfen bestellt. Die virtuelle Ausstellung zeigt die noch in der Gemeinde vorhandenen Antependien Riegels und die wieder entdeckten Werkszeichnungen.