Am 24. Juni 1912 war es soweit: Die Arbeiten zum Bau Lutherkirche in der Waldstraße haben begonnen. Pfarrer Arthur Müller schreibt in der „Festschrift zur Erinnerung an den Tag der Einweihung der Lutherkirche zu Offenbach a. M.“ von 1914: „Nachdem die beiden Häuschen auf dem Bauplatz niedergelegt waren, wurden an dem genannten Tag die Gerüste aufgestellt und mit umfangreichen Erd- und Grundmauerarbeiten begonnen.“
Am Sonntag, den 18. August 1912 feierte dann die "vereinte evangelisch-protestantische Kirchengemeinde Offenbach" unter großer Beteiligung der Gemeindeglieder die Grundsteinlegung der Lutherkirche in der Waldstraße.
Zeichnung der geplanten Lutherkirche
Lutherkirche um 1914
Es folgte "die Zeit des eifrigen, frohen Schaffens." Pfarrer Arthur Müller: "Wie viel Hände mögen sich geregt haben, wie viel Steine mussten wohl aufeinander gesetzt werden! Schwierige Eisenbetonkonstruktionen erforderten gewissenhafteste Berechnung und Ausführung. Waghalsig setzten der Zimmermann und der Dachdecker dem Ganzen die Krone auf. So wuchs der Bau gar schnell herauf und konnte bereits Ende Dezember 1912 ohne jeglichen Unfall zu Ende geführt werden."
Nach der Überwinterung folgten der Innenausbau und die Verputzarbeiten der Fassaden. Am 28. April 1913, wurden die drei Glocken der Lutherkirche auf einem geschmückten Wagen von der Bahn abgeholt und vom Kirchenvorstand und der Baukommission in Empfang genommen. Im Oktober läuteten diese zum ersten Mal, allerdings nicht zu einem kirchlichen Anlass, sondern, heute eher irritierend, anlässlich der Jahrhundertfeier der Völkerschlacht zu Leipzig. Im Herbst 1913 konnten die beiden Pfarrwohnungen bezogen werden.
Am 15. März 1914 wurde die Lutherkirche dann schließlich festlich eingeweiht.
Kirchenraum der Lutherkirche, Blick auf die Hauptempore
Taufkapelle der Lutherkirche
Konfirmandensaal in der Lutherkirche
Die Lutherkirche wurde von Prof. Friedrich Pützer als mehrgeschossige Gemeindezentrum, als sogenannte "Gruppenanlage", konzipiert: Neben dem Gottesdienstraum im 1. Stock, der dem Raumkonzept des "Wiesbadener Programms" entspricht, befinden sich ein großer Gemeindesaal mit Bühne, weitere Gemeinderäume, Büros sowie die Wohnungen für Pfarrer und Küster unter einem Dach. Aus Kostengründen wurde sie als gemeinsames Gotteshaus für zwei Gemeinden gebaut, sie ist daher exakt symmetrisch gegliedert.
Altarraum nach Revonierung 1956/57, Lutherkirche Offenbach
Dem Wandel der Kunstgeschmacks in den 1950er Jahren viel die farbenprächtige Jugendstil Ausmalung der Lutherkirche von Richard Throll zum Opfer. Sie wurde als kitschig empfunden. Im Geist dieser Zeit waren nun helle Farben gefragt, jeder Schnörkel wurde als überflüssig angesehen und störte. So wurde der Renovierung 1956 unter anderem die farbenprächtige Ausmalung und die hölzernen Wandverkleidungen mit einem "freundlichen Hellgrau" übermalt. Die geschwungenen Emporen-Brüstungen mit ihren ornamentalen Bemalungen wurden durch hellgraue Spanplatten ersetzt. Ebenso wurde die Kanzel aus der Hauptachse des Gottesdienstraumes genommen und der verzierte Altarraum und Orgelprospekt verblendet.
1984 konnten mit ein paar Ausnahmen die Jugendstilverzierungen von 1914 weitgehend wiederhergestellt werden. Die vollständig in blau verzierte Taufkapelle, die sich hinter der Altarwand befand wurde allerdings nicht wieder hergestellt. Sie wird heute als Sakristei genutzt. Unter der grauen Übermalung schlummert noch die in blau gehaltene Jugendstil Ausmalung.
Die Kanzel kehrte zurück auf ihren Platz über dem Altar. Allerdings erfolgt der Aufgang zu ihr nun im Angesicht der Gemeinde und nicht mehr über Taufkapelle. Somit wurde die ursprüngliche Beziehung zwischen Altar, Kanzel und Orgel entsprechend dem Wiesbadener Programm wiederhergestellt.
Blick auf die Hauptempore, Lutherkirche Offenbach