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Glocken der Lutherkirche

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Glocken hören

Das Geläute der Glocken der Lutherkirche der Evangelischen Mirjamgemeinde Offenbach ist auf den Internetseiten des Hessischen Rundfunks zu hören.

www.hr4.de

Die Glocken der neu erbauten Lutherkirche stammten aus Apolda in Thüringen von der Glockengießerei Schilling.

"Es war für die Nächstbeteiligten ein festlicher Nachtmittag am 28. April 1913, als die drei Glocken auf geschmückten Wagen von der Bahn abgeholt und von dem Kirchenvorstand und der Baukommission in Empfang genommen wurden. Nach wenigen Tagen waren sie schon in ihrer luftigen Höhe montiert. Die Prüfung der Glocken durch den Sachverständigen, Herrn Domkapellmeister Hartmann zu Frankfurt am Main am 21. Mai 1913 ergab das günstige Resultat, dass hinsichtlich der Reinheit der Töne, sowie ihrer Klangwirkung und ihrer leichten Gangart nichts zu wünschen übrig bleibe."

So erinnert sich der Zeitzeuge und spätere Pfarrer an der Lutherkirche Arthur Müller an die Ankunft der Glocken für die neu erbaute Lutherkirche. Aufgeschrieben hat er seine Erinnerungen in seinem Bericht über den Bau der Lutherkirche in der "Festschrift zur Erinnerung an den Tag der Einweihung der Lutherkirche zu Offenbach a. M." von 1914.

Gestimmt waren die Glocken auf den Dur-Dreiklang es, g, b. Der Klang der Glocken fügte sich damit, so Pfarrer Müller, "harmonisch mit dem Geläute der nahen, alt-katholischen Christuskirche zusammen zu einem frohgestimmten Gruß aus der Höhe für unseren Stadtteil."

Im Oktober 1913 läuteten die drei Glocken der Lutherkirche zum ersten Mal, allerdings nicht zu einem kirchlichen Anlass, sondern, heute eher irritierend, anlässlich der Jahrhundertfeier der Völkerschlacht zu Leipzig.

Pfarrer Arthur Müller erinnert sich: "Am Abend des 17.10.1913, als sich Offenbachs gesamte Bürgerschaft zu jener denkwürdigen Jahrhundertfeier auf dem Biebererberg zusammenfand, sowie am Nachmittag des 18.10. mischten sich zum ersten Mal die Klänge unserer Glocken mit denen sämtlicher übrigen Kirchen und trugen auch ihr Teil dazu bei, die Menschen in Erinnerung an glorreiche Tage unsrer deutschen Geschichte in die geheiligte Stimmung voll Lob und Dank gegen Gottes Walten zu erheben. Fortan werden sie allsonntäglich Groß und Klein zur Anbetung Gottes rufen, und wenn aus dem Kreise unserer Gemeindeglieder im Süd- oder Südost-Bezirk eins seine große Reise zur Ewigkeit antritt, sollen sie ihm den Scheidegruß der Gemeinde nachrufen. Möchte doch ihre Stimme auch im Geräusch unserer arbeitsamen Stadt immer das rechte Gehör finden!"

Rohstoff für die Rüstungsindustrie

Doch die Gemeinde konnte sich nicht lange am Klang der Glocken erfreuen. Im Jahr 1917 wurden sie wieder vom Turm der Lutherkirche geholt, um im 1. Weltkrieg als Kriegsmaterial Verwendung zu finden. Im Laufe der zwanziger Jahre hatten die beiden Gemeinden der Lutherkirche (Luthergemeinde Süd, Luthergemeinde Südost) ein neues Geläut aus drei Glocken finanziert. Ab 1927 versah es seinen Dienst, allerdings nur zwölf Jahre. Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden die beiden großen Glocken wieder vom Turm geholt. Auch sie dienten, wie ihre Vorgängerinnen, als Material für die Kriegsindustrie.

Glocken des Friedens

Im Sommer des Jahres 1952 wurde dann das Geläut der Lutherkirche, finanziert durch Spenden der Gemeindemitglieder beider Luthergemeinden, wieder auf drei Glocken ergänzt. Dieses mal waren es Gussstahlglocken vom Bochumer Verein. Sie tragen die selben Inschriften wie bereits die ersten Glocken aus dem Jahr 1913: den Anfang dreier Lutherchoräle. Die noch von 1927 verbliebene kleinste Bronzeglocke, die als Gebetsglocke dient, trägt die Inschrift: "Vater unser im Himmelreich" (Ton a). Die mittlere Glocke hat die Inschrift "Erhalt uns Herr bei deinem Wort" (Ton g) und die große Glocke (Ton e) trägt das Lied "Aus tiefster Not schrei ich zu dir". Das Geläute ist auf das Tedeum-Motro abgestimmt, passend zum Geläute der Friedenskirche.

Mit einem Festzug, angeführt vom Posaunenchor, wurden die beiden neuen Glocken von den beiden Gemeinden der Lutherkirche am Offenbacher Güterbahnhof (heute Ost-Bahnhof) abgeholt.

Eine Augenzeugin berichtet in der Festschrift "75 Jahre Lutherkirche" über dieses Ereignis: "Die braven Kaltblüter mussten sich mächtig in die Riemen legen, um den ächzenden Wagen mit seiner schweren Fracht durch die Stadt zu ziehen. Auf dem Platz vor der Lutherkirche wurde dann der Pritschenwagen mit den girlandengeschmückten Glocken abgestellt. Unter reger Beteiligung der Bevölkerung - es waren ganz sicher nicht nur Gemeindemitglieder - wurden die Glocken empfangen. Es fand eine kleine Feier statt. Alle sprachen ein gemeinsames Gebet. Man war sich in Dankbarkeit bewusst, dass mit diesem neuen, mächtigen Geläut den Menschen dieser Stadt wieder die Herzen geöffnet werden konnten."

Nachdem die Glocken von Mitarbeitern der Offenbacher Stahlbaufirma Lavis in den Turm der Lutherkirche transportiert und dort montiert wurden, fand am 10. August 1952 ein großer Festgottesdienst anlässlich der Glockenweihe statt.

Die Offenbach-Post berichtet am 12.8.1952: "(...) Der große Kirchenraum vermochte nicht alle Gläubigen zu fassen, die zu dieser festlichen Stunde gekommen waren. Nach dem Einzug der Pfarrer und der Kirchenvorsteher in die geschmückte Kirche und der Liturgie, die von Pfarrer Eitel gehalten wurde, hielt Pfarrer Brandt die Festpredigt über die Bibeltexte der Glockeninschriften. Dekan Eckert hielt die Weiherede und rief sodann jede Glocke einzeln zu ihrem ersten Dienst. Schweigend vernahm die andächtig lauschende Gemeinde die ersten Schläge der neuen Glocken vom Turm der Lutherkirche. Dekan Eckert dankte den Gemeinden und vielen ungenannten Spendern für Ihre Opfer, die den Erwerb dieses schönen Geläutes ermöglicht haben. Er schloss in sein Gebet die Bitte mit ein, dass diese Glocken nun endlich sein mögen. Die Kirchenchöre beider Luthergemeinden sangen, begleitet von dem Posaunenchor und dem evangelischen Musikkreis die Lutherchoräle, deren Anfangsworte auf den Glocken eingegossen sind. (...)"

Heute erklingen die Glocken der Lutherkirche neben dem Läuten zu gottesdienstlichen Anlässen, zum täglichen Abendläuten um 20.00 Uhr, zum Einläuten des Sonntags samstags um 18.00 Uhr sowie seit 1986 wieder täglich um 12.00 Uhr als Aufforderung zum Friedensgebet.

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